CHRISTIAN HAASE
DER STURM
Ein Sturm zieht auf überm Bermudaeck
Die Wolken verdunkeln die Sonne
Wer das kurze Streichholz zieht der weckt
Den Kapitän und die französische Nonne
Mit zu wenig Schlaf und zu viel Rum im Blut
Ist der Alte nicht mehr Herr dieser Lage
Setzt die Segel, Matrosen, volle Fahrt voraus
Alle Mann in die Takelage
Kein Lüftchen weht die Ruhe vor dem Sturm
Alle Segel hängen schlaff in den Seilen
Wer jetzt keine gute Idee hat, der sollte sich
Mit dem Denken beeilen
Als ob jemand ein Zeichen gibt
Bricht das Unwetter aus und die Panik
Rette sich, wer kann, ruft der Käptn
Hier hilft uns keine Mechanik
Der letzte Sturm hat eine Sandbank gebaut
Als Rettungsinsel für schlechte Zeiten
Nur wer den Geistern und Kobolden traut
Wird einen Platz auf der Insel erhalten
Die Planken ächzen und es knarrt in den Masten
Die Takelage bricht
Wer kann, wird sich in ein Beiboot hasten
Und wer nicht, der macht den Fisch
Dem Kapitän bricht der Großbaum das Kreuz
Und der Nonne bricht das Herz
Im Februar wären sie an Land gegangen
Die Geburt wäre im März
Der letzte Sturm...
Das Schiff sinkt schnell mitsamt der Mannschaft
Nur die Nonne hält sich weiterhin oben
Das Meer wird wieder zur spiegelnden Landschaft
Als die Nebel sich endlich verzogen
Wenn man Gott anruft, aber der Herr nicht da ist
Ist der Teufel immer ganz schnell zur Stelle
Die Hoffnung auf Leben ist im Sterben dann doch
Viel größer als die Angst vor der Hölle
Einen Schwimmzug entfernt taucht wie aus dem Nichts
Eine Insel auf und verheißt Rettung
Das Leben liegt blank, die Nonne spürt es genau
Rettung ist ungleich Erlösung