GERHARD GUNDERMANN
DER NARR (SCHÖNE FREIHEIT)
Zieht er seine Hosen runter
Zeigt sein mageres Fleisch
Werden alten Weibern munter
Machen groß Gekreisch
Es lacht der Narr, wenn das da stöhnt
Oder in Ohnmacht fällt
Habt doch zu leben euch gewöhnt
In dieser Stadt im Arsch der Welt
Schöne Freiheit
Diese Freiheit
Daß er alles zeigen kann
Keiner faßt ihn
Für die Frechheit
Hart an Kopf und Kragen an
Aber der Narr
Zeigt nur die Wunden
Und hat noch keine nie verbunden
Junge Frauen bei ihm zu Gast
Stundenweise nur entflogen
Ihrer Gatten Lust und Last
Brust und Seele krummgebogen
Der Narr, er lindert ihre Leiden
Und weiß manches Wort zu finden
Der Narr, der läßt sie auch mal reiten
Oder macht's von hinten
Schöne Freiheit
Diese Freiheit
Daß er alle vögeln kann
Ja, er übernimmt die Arbeit
So für manchen hohlen Mann
Doch bei dem Narrn
Kann er auch lieben
Ist keine Frau noch nie geblieben
Eine Zeitung mit zehn Spalten
Ist der Narr
Denn er kann dichten
Und in seinen Mantelfalten
Unglaubliche Geschichten
Weiß der Stadtrat mal nicht weiter
Hat der Narr schon sein Modell
Auf der Bühne löst er heiter
Das Problem gerecht und schnell
Schöne Freiheit
Diese Freiheit
Daß er alles sagen kann
Jeder Schnee, der mal herbeischneit
Kommt auf Erden an
Doch auf den Narrn
Wenn er auch schwört
Hat keiner nie gehört
Am Staatsfeiertag hört er früh aus dem Wald
Waffengeklirre und Marschmusik
Die Ratsherren belächeln
Die krumme Gestalt
Und durchschauen den billigen Trick
Die Festrede ist geredet nun
Der Rummel lacht
Und die Achterbahn fährt
Da stellt der Narr
Sich in den Strom
Mit seinem Spielzeugschwert
Schöne Freiheit
Diese Freiheit
Dass er alles machen kann
Da nimmt der Narr
Den Strick und schweigt
Weil er da nicht mehr lachen kann
Aber der Narr war noch nicht kalt
Da fiel schon
Der erste Schuß aus dem Wald
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