ICH SELBST UND KEIN ENGEL (Theaterstück 1958)

Das Stück über den Aufstand im Warschauer Ghetto wurde 1958 in Berlin uraufgeführt. Das von Thomas Harlan gegründete "Junge Ensemble" spielte das Stück in der Westberliner Kongreßhalle und gastierte damit 1959 im Berliner Ensemble in Ostberlin.

In dem Stück kommen die Täter nur am Rande vor, es beschäftigt sich vielmehr mit dem Konflikt zwischen dem Judenrat und den kommunistischen und zionistischen jüdischen Kampforganisationen im Vorfeld des Aufstands.

Das Stück erschien bei Henschel, dem größten Theater-Verlag der DDR, der im Klappentext schreibt: "'Wo steht der Feind heute' ist die Hauptfrage des Autors und vor allem jener, die sich heute in einer Welt spätbürgerlicher Scheindemokratie Klarheit in Gedanken und Taten bewahren wollen."

Um diese Frage nach dem Feind mit absoluter Klarheit zu beantworten und die Intention seines Stücks deutlich zu machen, betritt Harlan bei der 50. Aufführung die Bühne und sagt, wie er sich später im Interview erinnert: "Vergeßt bitte nicht, diese ganzen Verbrecher, die das getan haben, die sitzen heute in der Bundesrepublik, die haben die und die Plätze und Positionen in eurer Gesellschaft." Gemeint sind unter anderem Franz Alfred Six und Heinz Jost, die Harlan, wie er in einem öffentlichen Aufruf fordert, wegen ihrer NS-Verbrechen vor Gericht gestellt wissen will. Harlan wird mit Verleumdungsklagen überzogen, die Nazigruppe "Jungbluth" verübt einen Stinkbombenanschlag auf das Theater.
(Jonas Engelmann)

Ausführliche Rezension